Auf dem Weg zur "sozialen Marktwirtschaft"

Eine Stunde Null der deutschen Wirtschaft gab es nicht. 60 Prozent der Industrie waren nach dem Krieg unzerstört und konnten direkt wieder in Betrieb genommen werden. Den Amerikanern war recht schnell klar geworden, dass ein zerstörtes Deutschland zur Gefahr für das politische Gleichgewicht in Europa werden könnte.

Die Amerikaner brauchten Deutschland als Absatzmarkt

So plante man, Deutschland langfristig wieder zu einem Absatzmarkt auszubauen, auch wenn man sich das 1945 bei dem Grad der Zerstörung nicht so recht vorstellen konnte. Viele Deutsche dachten zunächst, die Militärregierung würde sie verhungern lassen. Doch die Amerikaner wollten Europa gegen den Kommunismus aufbauen. Die Angst, dass die Deutschen am Ende doch den Kommunisten in die Hände laufen würden,  war groß. So versuchte man, die deutsche Wirtschaft von Anfang an zu beleben und Deutschland zu einem wichtigen Absatzmarkt für die USA auszubauen. Damit war die Unterstützung der deutschen Wirtschaft gleichzeitig Hilfe zur Selbsthilfe für die Amerikaner. Der Einsatz lohnte sich, denn die Amerikaner hatten durchaus auch wieder etwas davon, wenn es Deutschland besser gehen sollte. Sie konnten ihre Waren verkaufen und das Geld, das sie investiert hatten, floss wieder zurück.

Gegen den Kommunismus

Ein hoher Lebensstandard sollte auf Dauer Europa gegen den Kommunismus widerstandsfähig machen. So kam es zum Marshall-Plan, der Deutschland unterstützte. Die Vereinigten Staaten konnten ohne Westeuropa nicht überleben. Voraussetzung dafür war allerdings eine stabile Währung, die durch die Währungsreform garantiert wurde. Erst wenn es Geld gab, kam auch die Ware wieder auf den Markt und genauso trat es dann auch ein. Im Osten dagegen wurden deutsche Industrieanlagen demontiert. Den Russen ging es um Schadensersatz, zu viel hatten die Deutschen beim Vordringen nach Osten zerstört. Und dafür wollten die Sowjetunion Entschädigungen, auch wenn dadurch die Industrie zerstört wurde und eine positive wirtschaftliche Entwicklung erst einmal gestoppt war.

Doch viele Menschen in Deutschland wollten gar keinen reinen Kapitalismus wie in Amerika. Diese Meinung zog sich sogar durch alle Parteien. In allen Parteien gab es Forderungen, dass der Staat die Wirtschaft mitplanen und auch lenken sollte.

"Soziale Marktwirtschaft" als Kompromiss

1949 wurde Konrad Adenauer Kanzler und Ludwig Erhard sein Wirtschaftsminister. Adenauer passte sich komplett der amerikanischen Politik an und wurde im Gegenzug von den Amerikanern unterstützt. Die Marktwirtschaft, die nun im Sinne des Wirtschaftsministers Erhard folgte, war am Ende, vereinfacht gesagt, ein Kompromiss zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Heraus kam die "soziale Marktwirtschaft".

Doch 1950 gab es zwei Millionen Arbeitslose im Westen und Erhard war einer der unbeliebtesten Politiker in Deutschland. Die Waren waren teuer und die Löhne niedrig. So erteilten die Amerikaner den Deutschen erst einmal "Nachhilfe" in Sachen Marktwirtschaft. Gleichzeitig wurden die Vereinigten Staaten zum wichtigsten Handelspartner der Bundesrepublik. Einschneidend wirkte sich der Koreakrieg  auf die deutsche Wirtschaft aus. Der Koreakrieg leitete das Wunder ein, das eigentlich gar kein Wunder war, sondern einem Plan folgte.

Ludwig Erhard wurde von vielen bekämpft, man zweifelte am sozialen Charakter der Marktwirtschaft Erhards. Es sollte noch eine Weile dauern, bis die Deutschen tatsächlich von der Marktwirtschaft überzeugt waren. Große Werbekampagnen wurden gestartet, die die Menschen für die Marktwirtschaft gewinnen sollten. Die Propaganda griff, Konrad Adenauer wurde 1953 wieder gewählt und Ludwig Erhard wurde zu einer Legende.

Vater der Sozialen Marktwirtschaft?

So galt Ludwig Erhard lange Zeit galt  als der "Vater der Sozialen Marktwirtschaft". Mittlerweile weiß man, dass ohne die amerikanische Unterstützung das deutsche Wirtschaftswunder gar nicht angelaufen wäre. Und als es dann einmal lief, wurde es zum Selbstläufer. Die Deutschen produzierten und kauften, produzierten und kauften und so langsam gab es tatsächlich den ersehnten Wohlstand für alle.

Weitere Informationen zur Währungsreform und dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft erhältst du auch noch mit diesem Video.

Video zur Währungsreform

Die Voraussetzung für das so genannte deutsche Wirtschaftswunder war eine Währungsreform und eine stabile Währung. Die Amerikaner unterstützten die deutsche Wirtschaft, sollte diese doch zum Bollwerk gegen den Kommunismus werden. Ludwig Erhard war der wichtigste Wirtschaftspolitiker in der ersten Zeit nach dem Krieg. [ © history-vision.de Fotos: Bundesarchiv ]