Die kritischen Stimmen der Kaiserzeit

Gab es auch Kritik am deutschen Kaiser Wilhelm II.?

Wenn wir uns das Kaiserreich Wilhelms II. anschauen, so sehen wir den kaisertreuen Bürger, der dem Staat und den Autoritäten hörig war und dem Militär Hochachtung entgegen brachte. Doch nicht alle Menschen dachten so, es gab durchaus auch Gegenbewegungen und kritische Stimmen, die das kaisertreue Denken hinterfragten.

Gegenbewegungen in den Schulen

Während an den Schulen des Kaiserreiches streng autoritär mit dem Stock unterrichtet wurde, entwickelten sich um die Jahrhundertwende gleichzeitig wichtige Gegenbewegungen innerhalb der Pädagogik wie zum Beispiel die Montessori-Pädagogik nach Maria Montessori oder die Waldorf-Pädagogik nach Rudolf Steiner. Diese pädagogischen Ansätze waren völlig neu und rückten das Kind in den Mittelpunkt, seine Bedürfnisse und Schwächen. 

Die Kunst stellte das Weltbild der wilhelminischen Zeit infrage

Der Expressionismus in der Kunst wollte mit den herrschenden Normen und Gesetzen brechen und stellte das Weltbild der wilhelminischen Zeit in Frage.  

 

Frauen pochten auf ihr Mitspracherecht

Die Frauen wehrten sich gegen ein überkommenes Männerbild, beanspruchten eine stärke Teilhabe an allen gesellschaftlichen Entwicklungen und traten für ein neues Frauenbild ein. So taten sich die Frauen während der Kaiserzeit auch in Politik und Gesellschaft stärker hervor und forderten ihre Rechte ein. Wichtige Frauen waren hier zum Beispiel Anita von Augspurg und Clara Zetkin. Siehe auch: Anita von Augspurg und Clara Zetkin

Pazifisten sprachen sich für den Frieden aus

Selbst in einer Zeit, in der das Militär eine so gewichtige Rolle spielte wie zur Regierungszeit Kaiser Wilhelms II., gab es Menschen, die das Militär und den Krieg verachteten. Pazifisten stellten den Militarismus und den Krieg in Frage und engagierten sich für den Frieden. Auch viele Sozialdemokraten unterstützten pazifistische Vorstellungen.

Kritische Zeitungen waren oft der Zensur unterworfen

Auch Zeitschriften und Satireblätter wie der "Simplicissimus" setzten sich mit dem Menschenbild des Kaiserreiches auseinander. Allerdings mussten sie sich oft der Zensur beugen, was die kritischen Stimmen aber nicht davon abhielt, sich weiter zu äußern. 

Auch die Parteien standen nicht alle hinter Kaiser Wilhelm II.

Auch die Parteien standen nicht alle hinter dem Kaiser. Vor allem die Sozialdemokraten, die für die Rechte der Arbeiter kämpften, verlangten stärkeres politisches Mitspracherecht.

Doch die Mehrheit war unpolitisch

Es gab also durchaus einzelne Menschen und auch Organisationen, die den Kaiser und seine Art zu regieren, hinterfragten. Doch die Mehrheit der Bevölkerung war entweder unpolitisch, mit dem Kaiser zufrieden oder wagte es einfach nicht, sich kritisch zu äußern. Kritische Äußerungen gegenüber dem Kaiser konnten auch üble Folgen mit sich bringen. Die Karriereaussichten verschlechterten sich zum Beispiel.

Wie autoritätsgläubig der deutsche Untertan war, spiegelte auch die Literatur der Zeit. Es gibt zum Beispiel einen ganz bekannten Roman von einem berühmten deutschen Schriftsteller namens Heinrich Mann: "der Untertan". Bezeichnend für diese Zeit ist auch die wahre Geschichte des Hauptmanns von Köpenick.

Viele Historiker sind der Meinung, dass diese Autoritätsgläubigkeit vor allem den deutschen Bürger anfällig für die Diktatur machte und den Aufstieg der Nationalsozialisten beförderte.