Was ist der "neue Kurs" der Innenpolitik?

Neuer Kurs nach der Entlassung Otto von Bismarcks

Nach der Entlassung des Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815-1898) im März des Jahres 1890 wurde Georg Leo Graf von Caprivi (1831-1899) von Wilhelm II. (1859-1841) zum neuen Kanzler des Deutschen Reiches ernannt. Damit begann in der Innenpolitik ein neuer Kurs. Doch was bedeutete dies konkret?

Georg Leo Graf von Caprivi und die Politik der Aussöhnung

Mit dem Grafen Leo von Caprivi hatte sich Wilhelm II. einen recht unerfahrenen Politiker ausgewählt und das mit Absicht. Er wollte keine so gewichtige Persönlichkeit wie Otto von Bismarck, der ihm in seine Pläne hineinreden würde.

So gab es nicht nur in der Außenpolitik nach dem Rücktritt Otto von Bismarcks einen neuen Kurs, auch in der deutschen Innenpolitik änderte sich so einiges. Der neue Reichskanzler Leo von Caprivi wollte aussöhnend wirken und mit allen Parteien des Reichstags zusammenarbeiten. Das bedeutete allerdings nicht, dass er dem Parlament mehr Rechte zugestehen oder gar die Verfassung des Deutschen Reiches verändern wollte.

 

Caprivi leitete Reformen ein

Während Bismarck gegen die Sozialisten arbeitete, schlug der neue Kanzler Graf von Caprivi einen anderen innenpolitischen Kurs ein. Er strebte eine Annäherung zwischen der Arbeiterschaft und der Monarchie an. So hob er zunächst die von Bismarck erlassenen so genannten Sozialistengesetze auf. Er ließ Reformen im Bereich der Sozialpolitik einleiten. Das bedeutete, dass es den Arbeitern besser gehen sollte und sie mehr Rechte erhielten. So wurde im Jahr 1891 ein Arbeiterschutzgesetz erlassen, das zum Beispiel die Sonntagsarbeit verbot. 

Sonntagsarbeit war 1890 noch ganz normal

Man muss sich vorstellen, dass vor wenig mehr als 100 Jahren noch am Sonntag gearbeitet werden musste. Doch dies änderte sich mit Graf von Caprivis Politik. Kinder, Jugendliche und Frauen durften nachts nicht mehr arbeiten. Es wurde eine konkrete tägliche Arbeitszeit festgelegt. Mit diesen Änderungen war zumindest ein erster kleiner Schritt in Richtung Mitspracherechte der Arbeiter getan und der soziale Frieden erst einmal gesichert.

Keinem konnte es Caprivi letztlich recht machen

Caprivi setzte auf Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten. Doch das gefiel mit der Zeit weder Kaiser Wilhelm II. noch den Konservativen, die eigentlich alles so haben wollten, wie es zuvor war. Mit den Konservativen legte sich Caprivi an, als er die Landgemeindeordnung in Preußen reformieren wollte.

Er schuf sich aber auch Feinde bei den liberalen Parteien, als er für eine stärkere Einbeziehung der Kirchen bei der Schulbildung eintrat. Die Liberalen wünschten nicht, dass sich die Kirche in die Bildung der Kinder einmischte. Leo von Caprivis Hin und Her verärgerte schließlich alle. Den einen war er zu konservativ, den anderen zu liberal. Am Ende kam es schließlich zum Bruch mit Caprivi, der sich 1894 aus der Politik zurückzog. Zu seinem Nachfolger wurde Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst.