Liebesbriefe an den Häuptlingssohn

Die Einheimischen stellten für die deutschen Siedler ein notwendiges Übel dar. Als Arbeiter und Arbeiterinnen waren sie zwar von Nutzen, aber die oft als "Heiden", also Nichtchristen, abgestempelten Menschen schienen den Siedlern einfältig, faul und dumm. Und so begegneten sie ihnen auch

Für viele Siedler waren die Einheimischen faul und dumm

So äußerten sich jedenfalls viele Siedler und Siederinnen in ihren Berichten. Das bedeutete nicht, dass es nicht auch die eine oder andere freundschaftliche Beziehung gab. Doch für die meisten Europäer waren die Afrikaner oder die "Neger", wie sie meist mit einem abfälligen Unterton genannt wurden, "Untermenschen", also weniger wertvoll als die weißen Siedler. Man versuchte sie zum Teil auch an das, was man unter Zivilisation verstand, heranzuführen, um sie damit auf eine "höhere Kulturstufe" zu heben. Damit wiegte man sich auch noch in dem Glauben, etwas Gutes zu tun.

Das "N"-Wort

Wenn wir hier die Bezeichnung "Neger" verwenden, dann nur deshalb, um den Begriff zu erläutern. Er kommt oft noch in Büchern vor, auch in bekannten Kinderbüchern. Es gibt einen Streit, ob man hier den Begriff "Neger" ersetzen soll. Heute sollten wir "Neger" oder auch "Negerin" nicht mehr verwenden. Das ist richtig, denn das Wort  wertet Menschen mit schwarzer Hautfarbe ab. Es ist gleichzeitig ein Schimpfwort. Es ist gleichzeitig auch ein Zeichen, dass die Weißen, die damals den afrikanischen Kontinent besiedelten, die Menschen, die dort lebten, als minderwertig betrachteten. Du sollst wissen, dass es dieses Wort gab, wie es verwendet wurde und dass wir heute damit anders umgehen.

Mischehen waren sehr problematisch

Problematisch waren Beziehungen zwischen Einheimischen und Siedlern. Die so genannten Mischehen wurden im Deutschen Reich nicht gerne gesehen. Da die Kinder aus Mischehen die Staatsangehörigkeit des Vaters erhielten, hatte man Angst, dass diese so genannten "Bastarde" die "Reinheit des deutschen Volkes" beschmutzen würden. Über diese Form von Rassismus machte man sich gar keine Gedanken, es war eben die damalige verbreitete Haltung.

In Ausstellungen wurden die Afrikaner vorgeführt 

Es gab sogar spezielle Ausstellungen, in denen man die "Neger" vorführte. Sie durften sich in exotischen Kostümen einem Publikum zur Schau stellen. Im Treptower Park in Berlin hat man sogar ein Dorf aufgebaut, damit die Leute sich vorstellen konnte, wie denn die "Wilden" so lebten. Das diente weniger der Aufklärung als der Bestätigung vieler Vorurteile. Noch heute gibt es diese.

Friedrich Maharero entsprach so gar nicht dem Bild eines "schwarzen Wilden"

Doch es gab auch Ausnahmen, wie zum Beispiel ein gewisser Friedrich Maharero. Dieser war der Sohn des Nama-Häuptlings Samuel Maherero, der gegen die deutsche Kolonialmacht zuerst Widerstand leistete, dann aber für einige Jahre befriedet wurde. Sein Sohn entsprach so gar nicht dem Bild des "schwarzen Wilden". Er weigerte sich, seine afrikanische Tracht zu tragen, sondern kleidete sich mit einem Anzug. Er wollte den Kaiser kennen lernen und unter Beweis stellen, dass die so genannten "Wilden" durchaus fähig waren, sich wie Weiße zu benehmen.

Die Frauen schrieben ihm Liebesbriefe

Interesse weckte der junge Mann vor allem bei jüngeren Damen, die dem gut gekleideten und interessanten Nama sogar Liebesbriefe schrieben. Eine Tatsache, die bei vielen Bewohnern des Deutschen Reiches gar nicht gut ankam. Denn wenn sich eine weiße Frau für einen Mann aus Afrika interessierte, so war das unter ihrer Würde und entsprach gar nicht dem Verhalten einer deutschen Dame aus gutem Hause. Letztlich wollte man nicht, dass sich Deutsche mit Einheimischen verbanden, die Kinder aus diesen Beziehungen oder Ehen wurden verachtet. So gab es zum Beispiel in Deutsch-Südwestafrika ab 1904 auch ein so genanntes Mischeheverbot.

Da nur wenige weiße Frauen das Wagnis einer Afrikareise auf sich nahmen, gab es eindeutig zu wenige Frauen in den Kolonialgebieten. Dies führte dazu, dass viele schwarze Frauen misshandelt und auch vergewaltigt wurden. Offizielle Ehen waren in den meisten Kolonialgebieten nicht möglich.