DDR-Flüchtlinge in der Ständigen Vertretung der BRD

Juni 1984

Ausweg zur Flucht aus der DDR: die Ständige Vertretung

Eine Botschaft steht unter dem Schutz des jeweiligen Gastlandes. Wenn man es in eine Botschaft hinein schafft, ist man also unter Schutz. Die Bundesrepublik und die DDR hatten 1974 Ständige Vertretungen eingerichtet, die der DDR in Bonn und die der Bundesrepublik in Ost-Berlin.

Die Einrichtung von Botschaften war nicht möglich, da die Bundesrepublik die DDR nicht als Ausland anerkannte. Diese Ständigen Vertretungen waren jedoch wie eine Botschaft.

Schon am 22.  Januar 1984 war es sechs DDR-Bürgern gelungen, aus der Botschaft der USA die Ausreise zu erzwingen. Es war das erste Mal, dass ein solches Ereignis in den Medien bekannt wurde. Und es spornte andere an.
 

Zuflucht in der Ständigen Vertretung

Mehr und mehr DDR-Bürger hatten schon kurz danach Zuflucht in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin gesucht. Sie wollten von dort ihre Ausreise erzwingen.

Leiter der Vertretung war zu diesem Zeitpunkt (1982-1989) Hans Otto Bräutigam. Als das Gebäude mit 55 DDR-Bürgern schon völlig überfüllt war, ließ er es am 26. Juni 1984 schließen. Irgendeine Lösung musste her.
 

Katastrophale Zustände

Es herrschten katastrophale Zustände. Die Flüchtlinge schliefen auf engstem Raum auf Matratzen, es gab zu wenig Toiletten und nur zwei Duschen. Doch die DDR wollte nicht zu früh nachgeben. Man wollte eine abschreckende Wirkung erzielen und zeigen: So ergeht es Fluchtwilligen in den Botschaften - wie in einem Gefängnis.
 

Der Kompromiss

Nach schwierigen Verhandlungen fand man schließlich einen Kompromiss: Die DDR-Bürger mussten die Ständige Vertretung verlassen, ihnen wurden im Gegenzug aber Straffreiheit und eine schnelle Bearbeitung ihrer Ausreiseanträge zugesichert.

Tatsächlich durften alle Besetzer nach und nach in die Bundesrepublik ausreisen.

Am 31. Juli 1984 wurde die Vertretung aber wieder eröffnet. Man hatte die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und z. B. das Treppenhaus vergittert.
 

Botschaft als Zufluchtsort - auch weiterhin

Botschaften blieben jedoch ein wichtiger Zufluchtsort für ausreisewillige DDR-Bürger. So besetzten noch im gleichen Jahr 150 Personen die Prager Botschaft.

Ab 1988 brach sich der Druck der Ausreisewilligen Bahn in bis dahin unbekanntem Ausmaß. 1700 Menschen besetzten bis Mitte Juli 1989 Botschaften, 1989 waren es allein in Prag schließlich mehr als 8000 DDR-Bürger.