Stadtplanung im 21. Jahrhundert

Stadtplanung: weg von der autogerechten Stadt

Die Stadtplanung steht im 21. Jahrhundert vor neuen Herausforderungen. Während nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland das Prinzip der autogerechten Stadt verfolgt wurde, möchte man heute die Folgen davon zum Teil wieder rückgängig machen.

Denn zwei- oder dreispurige Straßen in den Städten, riesige Verkehrsflächen oder das Zerschneiden von ganzen Stadtteilen sieht man heute kritisch. Auch dass sich nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer den Autofahrern unterordnen mussten, etwa durch Fußgängerüber- oder unterführungen, was die Laufwege verlängerte, ist nicht mehr zeitgemäß.

Unterführungen waren zudem oft von Vandalismus und anderer Kriminalität betroffen, sodass sie oft nur ungern genutzt wurden. Überführungen sind für mobilitätseingeschränkte Menschen zudem nicht nutzbar, wenn es keine Rampen, sondern nur Stufen gibt.

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wurde insgesamt zugunsten des Individualverkehrs vernachlässigt. Auch das sieht man heute anders.

Warum will man weg von der autogerechten Stadt?

Autos verschmutzen die Luft, zumindest wenn sie, wie immer noch eine große Mehrheit, mit Benzin oder Diesel betankt werden, also sogenannte Verbrenner sind. Neben einer erhöhten Feinstaubbelastung bringen Autos auch Lärm mit sich.

Autos brauchen auch Platz, nämlich Parkplatz. Parkplätze und Parkhäuser nehmen aber  eben auch Platz weg, den man anderweitig, etwa auch für Grünanlagen, nutzen könnte. Viele Autos verstopfen außerdem die Straßen. Es kommt zu Staus. Autos gefährden zudem Fußgänger und Radfahrer, die bei einem Unfall immer die schlechteren Karten haben.

Das alles spricht also dafür, eher den ÖPNV zu stärken und Autos eher aus den Innenstädten zu verbannen. Dafür ist eine Verkehrswende nötig.
 

Autofreie Stadt und autofreies Wohnen

Es gibt verschiedene Konzepte, wie die Städte wieder attraktiver werden sollen. Dazu gehört die autofreie Stadt bzw. das autofreie Wohnen. Gemeint ist nicht, eine ganze Stadt autofrei zu machen, sondern Stadtteile, Wohnquartiere oder auch Innenstädte. Je nach Konzept wird vorgesehen, ein Gebiet (fast) komplett autofrei zu machen oder aber eine Reduzierung von Autos zu schaffen oder auch, keine oder wenige Stellplätze für Autos anzubieten.

Neue Wohnquartiere können von vornherein so geplant werden oder bestehende Viertel wie etwa eine Innenstadt werden verändert, indem die Zufahrt von Autos verboten wird. In beiden Fällen werden Lärm und Abgase reduziert, die Unfallgefahr sinkt und der Platz für die Stellflächen kann anderweitig genutzt werden.

Um anderen Verkehrsteilnehmern Vorrang zu gewähren, wurden aber schon vorher Maßnahmen ergriffen. So gibt es seit 1997 die Fahrradstraße. Sie ist eine deutsche Erfindung, die von vielen anderen europäischen Ländern kopiert wurde.

Fahrradstraßen dürfen von Autos nur benutzt werden, wenn das angezeigt ist. Höchstgeschwindigkeit ist 30 km/h. Fahrradfahrer dürfen hier auch nebeneinander fahren, was sonst nicht erlaubt ist.
 

Beispiel Hannover: die autofreie Innenstadt

Der Grünen-Politiker Belit Onay wurde 2019 zum Oberbürgermeister von Hannover gewählt. Sein Wahlversprechen war, die Innenstadt von Hannover bis 2030 autofrei zu machen. Wobei "autofrei" nicht auf komplette Autofreiheit abzielt, sondern auf eine starke Reduzierung des Verkehrs. Mehrspurige Durchgangsstraßen sollen dafür abgeschafft werden. Es soll keine Parkplätze am Straßenrand mehr geben, dafür mehr Grün. Und auch Ampeln soll es im Bereich des City-Rings nicht mehr geben.

Das ist ein ehrgeiziges Projekt. Denn gerade Hannover galt als Inbegriff der autogerechten Stadt. Doch der Umbau hat tatsächlich zumindest begonnen. So hat man zum Beispiel damit begonnen, die Schmiedestraße umzubauen. Die Durchgangsstraße wird verkehrsberuhigt. Es gibt breitere Bürgersteige, Sitzmöglichkeiten und mehr Bäume. Man darf hier zwar noch Auto fahren, aber nur noch mit Tempo 20. Die Straße Am Marstall hat auch schon ein neues Gesicht erhalten.
 

Stadt der kurzen Wege

Ein anderes Leitbild der Stadtplanung ist die Stadt der kurzen Wege. Seit den 80er Jahren wird es verfolgt. Dieses Konzept überschneidet sich mit dem der autofreien Stadt, denn auch hier will man den Verkehr verringern. In den einzelnen Stadtteilen soll alles angeboten werden, was die Bewohner benötigen. Sie sollen also nicht extra ins Zentrum fahren müssen. Alles soll schnell erreichbar und gut zugänglich sein. Das bedeutet dann auch eine große Zeitersparnis für die einzelnen Bürger.

Dazu gehört, dass es Einkaufsmöglichkeiten vor Ort gibt - nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für Kleidung und anderes, aber auch zum Beispiel Angebote der Verwaltung. So kann man dann zum Beispiel seinen Personalausweis vor Ort verlängern. Heute wird vieles auch ins Digitale verlagert, was dann ebenfalls keine Autofahrt nötig macht. Es muss auch Einrichtungen für Freizeit und Bildung und Angebote für Familien in den Wohnvierteln geben.

Was ist Nachverdichtung?

Zur Stadt der kurzen Wege gehört auch die Nachverdichtung (Wohnraumverdichtung, Innenverdichtung). Freie Flächen sollen bebaut werden, um sie als Wohnfläche oder eben auch für anderes nutzen zu können. Nachverdichtung kann auch bedeuten, auf bestehende Gebäude etwas "aufzusetzen", also zum Beispiel eine weitere Etage auf das Dach.
 

New Urbanism

Das Konzept des New Urbanism wendet sich gegen die Zersiedelung von Städten. Es will also ebenso den Individualverkehr vermindern, die Stadt freundlicher für Fußgänger machen und kurze Wege ermöglichen.

Dafür muss eine Funktionsmischung stattfinden. Es soll also keine voneinander getrennten Viertel geben, von denen die einen als Wohnviertel dienen, die anderen als Geschäftsviertel und die dritten als Einkaufsviertel.

Nutzungsmischung statt Funktionstrennung ist also gewünscht. Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr sollen nicht mehr getrennt werden. Statt riesiger freier Flächen, die verwahrlosen und unattraktiv wirken, sollen lieber Innenhöfe begrünt werden oder kleine Parkanlagen entstehen. Die Nachbarschaft und Gemeinschaft spielen eine große Rolle.

Außerdem ist eine Blockrandbebauung das Ziel. Damit ist eine Bauweise gemeint, bei der Häuser direkt nebeneinander und direkt an der Straße stehen. Sie sind dabei um einen gemeinsamen Innenhof gruppiert. Der gesamte Block ist von vier Straßen umgeben. In den Großstädten baute man seit dem 19. Jahrhundert auf diese Art und Weise. Ab den 1920er Jahren wurde eine offenere Bauweise modern, zu der auch nach ihrer Funktion getrennte Quartiere und riesige Freiflächen gehörten. Heute sind die Viertel mit Blockrandbebauung oft sehr beliebt zum Wohnen und im modernen Städtebau kehrt man dazu zurück.

New Urbanism entstand Anfang der 90er Jahre in den USA. Dort ist die Zersiedelung von Städten oft besonders groß. Einige Architekten setzten das Konzept um, zum Beispiel in Florida in den Orten Seaside oder Celebration.

In Deutschland empfand man die Architektur eher als beschaulich und rückwärtsgewandt. In Deutschland gibt es zudem weniger zersiedelte Städte als in den USA. Trotzdem gab es auch hier im Sinne des New Urbanism geplante Stadtviertel, zum Beispiel Kirchsteigfeld, das zu Potsdam gehört.
 

Smart City

Smart City ist ein Konzept, das neuere Technologien mit einbezieht. Durch den technischen Fortschritt sollen Städte ökologischer werden.

Dazu gehört zum Beispiel eine digitale Verwaltung, aber auch eine nachhaltige Mobilität mit insgesamt weniger Autos und davon mehr E-Autos. Auch saubere Energiegewinnung gehört dazu, etwa durch viele Solaranlagen. Es gibt also verschiedene Bereiche, in denen eine Stadt smart werden kann.
 

Umnutzung

Was macht man  mit Gebieten, in denen die bisherige Nutzung entfällt? Das können Industriegebiete sein, aber auch zum Beispiel Flughäfen. Damit diese nicht brach liegen, muss man sie umnutzen. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele in Deutschland.

So entsteht im ehemaligen Freihafen von Hamburg ein ganz neuer Stadtteil, die HafenCity. Ebenfalls eine Umnutzung von einem Hafen fand in Düsseldorf statt, wo der neue Medienhafen ab 1990 entstand. Hier stehen nun architektonisch besondere Gebäude, in die vor allem Unternehmen einzogen. Eine Mischnutzung erfolgte im Rhainauhafen in Köln.

In München entstand mit der Messestadt-Riem ein neues Stadtviertel auf einem ehemaligen Flughafen.