Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik

Erich Honeckers Wirtschaftspolitik

Honecker schlug in der Wirtschaftspolitik einen neuen Weg ein. Die neue Leitlinie war die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Das "Glück des Volkes" wurde zum obersten Ziel der neuen Wirtschaftspolitik. Steigende Löhne und ein wachsender Lebensstandard sollten wiederum die Produktivität steigern und so für stabiles Wachstum der Wirtschaft sorgen.
 

Wohnungsbauprogramm

Insbesondere das Wohnungsbauprogramm war voranzutreiben. Denn in der DDR mangelte es 1970 noch immer an Wohnraum. Ab 1973 stieg die Anzahl neuer oder renovierter Wohnungen stark an.

Neubauten wurden vor allem als Plattenbauten realisiert. Vorgefertigte Betonteile garantierten dabei eine schnelle Bauweise. Ganze Stadtteile wurden in Plattenbauweise errichtet. Insgesamt entstanden bis 1989 etwa 1,9 Millionen Plattenbauwohnungen.

Ältere Gebäude, z. B. in den alten Stadtkernen, konnten oft nicht renoviert werden, weil es den (privaten oder kommunalen) Eigentümern an Geld mangelte: Die Höhen der Mieten waren gesetzlich vorgeschrieben und lagen sehr niedrig. So verfielen viele alte Gebäude oder wurden abgerissen. Historische Innenstädte boten oft ein trauriges Bild.

Wohnungen in Plattenbauten waren in der DDR sehr begehrt. Im Gegensatz zu den unsanierten Altbauwohnungen gab es hier nämlich als Standard eine Zentralheizung, eine Toilette in der Wohnung (statt auf dem Flur) und fließend warmes Wasser. Ab 1971 wurden die Mieten nach dem Einkommen gestaffelt.
 

Sozialpolitische Maßnahmen

Im Mai 1976 beschloss der IX. Parteitag der SED die Kürzung der Arbeitszeit und führte die 40-Stunden-Woche ein. In der Bundesrepublik war das schon zwischen 1965 und 1973 nach und nach in verschiedenen Bereichen geschehen.

Der bezahlte Schwangerschaftsurlaub wurde von 18 auf 20 Monate verlängert. Die Löhne der Arbeiter wurden genauso wie die Renten erhöht. Junge Ehepaare erhielten nun zinslose Kredite, damit sie sich z. B. Möbel anschaffen konnten.
 

Der Lebensstandard steigt

Die Folgen der neuen Wirtschaftspolitik waren auch für die DDR-Bürger spürbar. Der Lebensstandard stieg, die Wirtschaft stabilisierte sich in den 1970er Jahren, die Wohnungsnot wurde gelindert.

Unter den Ostblockländern erreichte die DDR den höchsten Lebensstandard - wenn der auch immer noch weit unter dem der Bundesrepublik lag. Doch die Steigerungen waren groß. So besaßen 1970 z. B. nur 56 von 100 Haushalten einen Kühlschrank, 1975 waren es 86 und 1980 100. Die Haushalte mit einem Auto konnten sich mehr als verdoppeln (1970 15 Prozent, 1980 38 Prozent).
 

Wer soll das bezahlen?

Die Kosten der ganzen Maßnahmen wurden jedoch über Kredite aus dem Westen finanziert. Die DDR verschuldete sich immer mehr. Zwischen 1970 und 1989 stiegen die Schulden um das Zwanzigfache (von 2 auf 49 Milliarden West-Mark).

Irgendwann konnten allein die Zinsen nur durch neue Kredite bezahlt werden. Steigende Ölpreise verschärften die Situation ab Mitte der 1970er Jahre und Anfang der 1980er Jahre noch einmal.

Letztendlich hatten auch die verbesserten Sozialleistungen nicht zur Folge, dass die Produktivität erhöht wurde. Während nach außen die Überlegenheit des sozialistischen Wirtschaftssystems verkündet wurde, erlebten die Arbeiter in den Betrieben eine andere Wirklichkeit. Für die Arbeitsmotivation war das nicht förderlich - im Gegenteil.

Weil weiterhin bestimmte Bereiche in der Industrie gefördert wurden, andere aber vernachlässigt, gab es modernste Anlagen z. B. im Werkzeugmaschinenbau, während in anderen Bereichen alte, unproduktive Anlagen standen.