Rassismus im Osten und im Westen
Ist der Osten rassistischer als der Westen?
Heidenau, Freital, Tröglitz, Nauen - all diese Orte stehen für Hass gegen Asylbewerber, bei Protesten, bei Übergriffen auf Unterkünfte, bei Krawallen. Heidenau und Freital liegen in Sachsen, Tröglitz liegt in Sachsen-Anhalt, Nauen in Brandenburg. Dies sind Orte im “Osten” von Deutschland. Doch ist der Osten deshalb rassistischer als der Westen? Eine Frage, die immer wieder neu gestellt wird. Nicht nur kurz nach der Wiedervereinigung, sondern auch Jahrzehnte danach.
Doch wo genau beginnt Rassismus?
Rassisten, das sind nicht nur rechtsextreme Nazis, die Menschen Gewalt antun und hetzen. Die Häuser anzünden und morden oder Tote einfach mal so in Kauf nehmen. Rassismus beginnt meist im Kleinen. Rassismus beginnt in den Momenten, in denen viele wegsehen. Vielleicht nicht, weil sie selbst Rassisten wären oder sich so sehen würden, sondern weil sie sich vor einer Auseinandersetzung fürchten. Sie wollen den Eltern oder der geliebten Oma nicht widersprechen oder bei Vorgesetzten oder Kolleg*innen gut ankommen. Und ein Dummer Spruch ist ja schnell gesagt und schnell auch wieder vergessen. Oder? Nicht selten geraten wir des guten Friedens wegen in Situationen, in denen wir die Klappe halten und schweigen. Und selbst, wenn das nicht unsere Absicht wäre, damit unterstützen wir die Täter und Täterinnen.
Vor dem Rechtsextremismus haben viele Menschen Angst
In einer Studie der Friedrich Ebert Stiftung aus dem Jahr 2021 hielten 70 von 100 Menschen in Deutschland den Rechtsextremismus für eine große Bedrohung. So richtig rechtsextrem - wir sprechen dann von einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild - sind nur wenige. Interessant ist - so ebenfalls die Studie -, dass die Anfälligkeit für Rechtsextremismus in Regionen höher ist, in denen die Partei der AFD Erfolge verzeichnet. Die Studie bezog sich auf die Wahlen im Jahr 2017. Gleichzeitig ist aber interessanterweise genau dort der Anteil an Menschen aus anderen Ländern sehr viel niedriger. Also genau der Menschen, die oft rassistisch beleidigt, angegriffen, verfolgt, verletzt oder im schlimmsten Falle getötet werden.
Die Studie fand auch heraus, dass der offene Rechtsextremismus im Osten nicht stärker verbreitet ist als im Westen. Das bedeutet, dass Menschen, die den Nationalsozialismus verehren und am Ende dafür auch gewaltbereit sind, im Osten nicht weiter verbreitet wären. So die Studie. Allerdings waren Meinungen, die "Fremde ablehnen", weiter und zahlreicher verbreitet. Wie sich diese Ablehnung äußert, kann ganz unterschiedlich sein. Sie reicht von Schweigen über Worte bis zu Taten gegen Menschen. Und damit unterstützt die schweigende Masse letztlich diejenigen, die am Ende radikal auftreten, auch wenn sie es selbst gar nicht tun. Und das ist wieder gefährlich. Und diese schweigende Mehrheit ist im Osten größer. Nicht nur die schweigende.