Wiedervereinigung und die Sowjetunion

Während die USA von Anfang an den Prozess der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten unterstützte, war die Situation in der Sowjetunion etwas anders.

Gorbatschow und die Idee von Perestroika und Gleisnost

Seit dem Jahr 1985 war Michail Gorbatschow Generalsekretär der KPdSU. Als er die Macht übernahm, änderte sich einiges in der Innen- wie in der Außenpolitik der Sowjetunion.

Die Schlagworte hießen Perestroika und Glasnost. Gorbatschows Ziel war es, die schlechte wirtschaftliche Lage der Sowjetunion zu verbessern. Gleichzeitig sollte das Land geöffnet werden, auch mit Blick auf das Ausland. So pochte Gorbatschow nicht mehr auf die so genannte Breschnew-Doktrin.

Diese Doktrin erlaubte es, bei Revolutionen in den Mitgliedsländern des Warschauer Paktes einzugreifen, um dort die Ordnung wieder herzustellen. Doch da darauf verzichtet wurde, konnte damit auch nicht mehr gedroht werden. So war die Situation der Sowjetunion zur Zeit der friedlichen Revolution nicht unproblematisch.

Schon bevor die Mauer fiel, führte Gorbatschow Gespräche mit der Bundesrepublik und dessen Vertreter im Kanzleramt, mit Helmut Kohl. Kohl wusste  um die schlechte wirtschaftliche Situation der UdSSR  und stellte Gorbatschow Geld in Aussicht, damit dieser die Wirtschaft verbessern sollte. So näherte sich die UdSSR dem Westen an. Gleichzeitig entfremdete sie sich von der DDR. Die zeigte sich vor allem unter Erich Honecker sehr reformunwillig. Das gefiel wieder Gorbatschow so gar nicht.

Wie verhielt sich die Sowjetunion nach dem Mauerfall?

Doch als dann die Mauer fiel, musste Gorbatschow irgendwie dazu seine Meinung äußern. Die DDR-Führung hätte eine Unterstützung erwartet. Aber die Sowjetunion zeigte sich zurückhaltend. Doch nachdem Helmut Kohl seinen 10-Punkte-Plan veröffentlicht hatte, stellte er damit Gorbatschow vor vollendete Tatsachen.

Gorbatschow muss zur Entwicklung in der DDR Stellung beziehen

So musste Gorbatschow sich jetzt äußern. Denn in diesem Plan hatte Kohl das Ziel der Wiedervereinigung zum Ausdruck gebracht. In Moskau ärgerte man sich darüber. Kohl hatte den amerikanischen Präsidenten informiert, aber nicht den sowjetischen Führer. Das empfand man in Moskau als Vertrauensbruch. Die Entwicklung in der DDR mit Protesten usw. wäre ohne das Stillhalten der Sowjetunion gar nicht möglich gewesen. So sollte es eine ganze Weile dauern, bis Gorbatschow "seinen Segen gab". Erst einmal suchte er Verbündete, die sich gemeinsam mit ihm gegen die Wiedervereinigung stellen würden. [Link: Die Wiedervereinigung und Europa]. Frankreich, Großbritannien und auch Italien waren ja keine Befürworter. Doch war der Sowjetunion klar, dass die USA sich auf die Seite der Deutschen stellen würde und auch stellte. Und die wollte man nicht verärgern.

Doch am Ende befürwortete Gorbatschow die deutsche Wiedervereinigung und unterstützte diese auch. In seinen Memoiren, also in seiner Lebensgeschichte, schrieb er auf, warum:

  • Er war der Meinung, dass keine Nation gespalten bleiben dürfe.
  • Er ließ die sowjetischen Truppen nicht eingreifen, weil er sonst seine Politik der Wandlung nicht hätte durchsetzen können.
  • Er wollte keine weitere so genannte Blockbildung zwischen dem Osten und dem Westen, sondern strebte ein gemeinsames Sicherheitssystem an.

Nicht zu vergessen die Wirtschaftshilfe, die Kohl ja schon in Aussicht gestellt hatte und die sicher auch mit ein wichtiger Punkt gewesen sein mochte. Doch diese Meinung teilten zum Zeitpunkt des Umbruchs eben viele im Inland und Ausland nicht.

Deshalb wird es im Rückblick umso deutlicher, wie sehr diese Haltung von Gorbatschow die Situation 1989/1990 entschärfte und die deutsche Wiedervereinigung überhaupt erst ermöglichte.

 


Blick voraus

Heute stellen wir uns oft die Frage, warum Russland sich nach Gorbatschow nicht weiter dem Westen öffnete. Es wäre für alle eine Chance gewesen, den Frieden in Europa zu befördern. Vielleicht fehlte der Wille des Westens.


Jedenfalls wurde der Zeitpunkt verpasst, so dass mittlerweile wieder ein Krieg in Europa tobt, eine Angriffskrieg Russlands. Und Russland weiter denn je von einer Demokratie entfernt ist. Doch Geschichte lässt sich nie zurückdrehen.