Blueser und Punker

Blueser und Punks in der DDR

In den 1970er Jahren entwickelte sich eine Jugendkultur, die es so nur in der DDR gab: die Blueserszene. Später schwappte der Punk auch in den Osten.
 

Blueser in der DDR

Ihren Höhepunkt hatte die Blueserszene um 1975. Die Anhänger dieser Jugendkultur nannten sich selber Blueser oder auch Kunden (im Sinne von "Typ") oder Tramper. Von der SED wurden sie abwertend auch als Gammler bezeichnet.

Vorbilder der Blueser waren die Hippies in Amerika (siehe dazu: Was wollten die 68er?). Wie sie wollten sie frei und unangepasst sein. Sie hörten Blues- und Rockmusik, liebten die Doors, Jimi Hendrix oder Bob Dylan.

Zwischen 1979 und 1986 gab es sogar Blues-Messen, das waren Gottesdienste mit Bluesmusik. Obwohl viele der Blueser mit der Kirche wenig zu tun hatten, kamen sie - weil sich hier eine Nische bot, ihre Musik zu hören.

Nicht nur amerikanische Musik hörten die Blueser. Es entstanden nämlich auch zahlreiche einheimische Bands, die die Musik spielte, die die Blueser mochten. Zu ihnen gehörten z. B. Engerling, Freygang, Monokel oder Jürgen Kehrt. Deren Texte sind oft deftig und nehmen kein Blatt vor den Mund. An den Wochenenden reisten die Blueser ihren Bands hinterher - natürlich trampend. Man traf sich auf Open-Air-Festivals oder auf dem Zwiebelmarkt in Weimar.

Kleidung der Blueser: Parka und Fleischerhemd

An ihrem Outfit waren die Blueser leicht zu erkennen. Zu langen Haaren und dem bei jungen Männern obligatorischen Bart gehörte dazu unbedingt ein grüner Shell-Parka, Shelli genannt. Weil das Original aus den USA nicht leicht zu beschaffen war, griff man ersatzweise oft zu Uniformjacken der NVA oder Drillichjacken der FDJ. Dazu gehörte als Jeans eine Levi's 501 - und nur die! Als Schuhe dienten braune Wildlederschuhe (Tramper, Klettis) oder sogenannte Jesuslatschen.

T-Shirts oder blau-weiß-gestreifte Arbeitshemden (Fleischerhemden) komplettierten die Kleidung, Mädchen trugen auch gerne Batikkleider. Wer eine Brille trug, griff zur Nickelbrille nach Art von John Lennon.

In den 1980er Jahren kam als unverwechselbares Accessoire der Hirschbeutel dazu: eine aus einem Wandteppich oder Kissenbezug mit Hirschmotiv oder ähnlichem selbstgenähte Umhängetasche. Mit ihrer Kleidung und ihrem Musikgeschmack lehnten sich die Blueser natürlich auch gegen die Staatsmacht auf.
 

Punk in der DDR

Anfang der 1980er Jahre kam eine weitere Bewegung im Osten an: die des Punk. Punk war 1976 in London entstanden. "No Future" war das Motto der Punks. Sie verweigerten sich der bürgerlichen Gesellschaft, stellten sich gegen Konsum und provozierten mit ihren bunten Irokesenfrisuren und zerrissenen Klamotten. Sicherheitsnadeln oder Hundehalsbänder wurden gerne als Schmuck benutzt.

Auch Punkbands nutzten Kirchen als Auftrittsorte, einfach weil sie oft die einzigen Auftrittsmöglichkeiten überhaupt boten. Veröffentlichungen von Schallplatten waren nur über den Umweg der Bundesrepublik möglich.

Waren die Punks anfangs viel in Schlägereien verwickelt, änderte sich das mit dem Anwachsen der Bewegung. Vor allem in Ost-Berlin, aber auch in Dresden, Erfurt, Halle und Leipzig gab es größere Punkszenen.

Verfolgung der Punks durch die Stasi

Doch auch die staatliche Verfolgung wuchs nun und hatte zwischen 1983 und 1986 ihren Höhepunkt erreicht.

Die Stasi schleuste IMs (inoffizielle Mitarbeiter) in die Szene, es gab Verhaftungen und Hausdurchsuchungen. In Ost-Berlin wurden etwa 250 Punks als kriminell eingestuft. Sie erhielten Gaststättenverbot und durften nur noch bestimmte Wege gehen. Immer mehr Punks engagierten sich in der Umwelt- und Friedensbewegung, die in der DDR vor allem von der Kirche ausging.

Wie die Blueser hörten die Punks nicht nur westliche Musik, sondern machten auch selber welche. 1983 gelang es den Bands Zwitschermaschine und Schleim-Keim eine Platte im Westen zu veröffentlichen: "DDR von unten". Das Album gilt als das erste Punkalbum der DDR. Nach 1986 wurden radikale Punks zwar weiter verfolgt, doch die Strategie der Staatsmacht änderte sich.

Man duldete bestimmte Musik, ließ Punkmusik im Radio zu und es gab sogar Punkkonzerte, die von der FDJ veranstaltet wurden. Fast jede Punkband war zudem von der Stasi unterwandert. Radikale Punks wurden vor die Wahl gestellt, ins Gefängnis zu gehen oder in den Westen auszureisen, sodass viele Punks dann letzteres taten.  Die eigentliche Punkbewegung wurde durch diese Maßnahmen zu einem großen Teil zerschlagen.