Ich bin die Minna

Mein Name ist Minna. Na ja, eigentlich heiße ich gar nicht Minna, sondern Margarethe, aber meine Herrschaft meint, dass ihre Mädchen schon immer Minna geheißen hätten und da wollten sie sich auch nicht umstellen und die vielen Namen wollten sie sich schon gar nicht merken.

Für mich ist das nicht schön, es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich mich an den fremden Namen gewöhnt habe. Aber meist rufen sie mich gar nicht beim Namen, sondern sie klingeln. Ja, in meinem Zimmer ist eine Klingel und wenn irgendwer von der Herrschaft etwas haben möchte, dann wird geklingelt. Auch in der Nacht. Vor kurzem wünschte der junge Herr um 1:00 Uhr nachts eine heiße Milch und ich wurde aus dem Schlaf geweckt. Am Morgen war ich dann schrecklich müde, muss ich doch immer um 5:30 Uhr schon aufstehen.

Und da ist es noch ganz schön kalt in meinem Zimmer. Die Dame des Hauses spart nämlich, zumindest bei den Dienstbotenzimmern. Da wird fast gar nicht geheizt. Gut, wir halten uns auch ganz wenig in unseren Zimmern auf, aber am Morgen oder am Abend. Meistens lege ich mich ins Bett, aber auch da ist es immer klamm und feucht, weil der Raum ja nie richtig warm wird.

Immer sagt sie, dass wir im Winter Kohlen sparen müssen, auch in der Küche. Da arbeite ich ja die meiste Zeit. Aber die Küche hat Kacheln und ist für den kleinen Ofen viel zu groß. Vor kurzem habe ich am Abend noch einmal Kohlen nachgelegt. Oweh! War das eine Schimpferei. Dabei habe ich doch nur einmal das Gefühl der Wärme spüren wollen. Bei der Herrschaft ist es immer gemütlich warm. Da steht ein Kachelofen und die Fenster sind mit den dicken Vorhängen verhängt, die zusätzlich die Kälte abhalten. Auf dem Boden liegen dicke Teppiche, klar, dass sich hier Gemütlichkeit einstellen kann.

Aber ich werde bald kündigen. Meine letzte Herrschaft war aber auch nicht besonders nett. Wir bekamen ganz wenig zu essen. Lieber ließ die Herrschaft das Obst und Gemüse im Keller verfaulen, bevor uns nur ein Stück gegönnt wurde. Ich arbeite jeden Tag. Einmal die Woche darf ich am Abend ausgehen und jeden dritten Sonntag gibt es nach dem Essen Ausgang. Aber die Dame des Hauses hat immer eine Ausrede, warum ich doch nicht gehen darf. Ich selbst darf gar keinen Besuch haben, nicht einmal meine Schwester darf mich besuchen. Wenn wir ausgehen, nutzen wir unsere guten Kleider ab, meint die Herrschaft. Wie lächerlich.

Und keine Minute dürfen wir Dienstboten zu spät kommen. Es heißt, dass einmal das Küchenmädchen Johanna zwei Minuten zu spät gekommen sei und sie musste die ganze Nacht in der Kälte verbringen. Am nächsten Morgen hatte sie sich eine Lungenentzündung geholt und musste sogar ins Krankenhaus und fiel erst einmal als Arbeitskraft aus. Dies gefiel der Herrschaft natürlich auch nicht. Aber recht ist es ihr geschehen, der Herrschaft, nicht der Johanna. Die hat mir leidgetan, die Arme.