Ich heiße Fritz und lebe auf dem Dorf

Fritz ist ein Bauernkind mit vielen Geschwistern und lebt auf dem Land. Nach einem Ausflug in die Stadt weiß er die Vorzüge des Landlebens besser zu schätzen und erzählt davon:

Ich heiße Fritz und wohne in einem kleinen Dorf ganz in der Nähe von Stuttgart. Mein Vater hilft dem Bauern nebenan als Arbeiter und meine Mutter verdient sich mit Nähen ein paar Pfennige dazu. Außerdem versorgen wir uns selbst, denn wir haben noch ein ein paar Felder und zwei Kühe. Die Berta und die Minna. Berta ist eine sehr gute Milchkuh. Ein paar Ziegen und Hühner haben wir auch noch. Wir Kinder müssen bei der Arbeit mithelfen, zum Beispiel die Kühe füttern oder bei der Kartoffelernte mitarbeiten. Meine Schwestern versorgen den Vater, Großvater und den Onkel immer auf dem Feld und bringen Essen und Trinken dorthin. Ich habe noch einen kleinen Bruder, der heißt Alfred.

Vor zwei Monaten bin ich mit meinen Eltern in die Stadt gefahren. Ich stand mit meinen beiden Schwestern vor den Schaufenstern und wir haben uns die Nasen platt gedrückt. Eine echte Dampfmaschine stand da und rauchte. Oh, ich hätte so gerne so eine Maschine oder zumindest ein Spielzeugauto. Aber selbst das ist nicht möglich, sagt meine Mutter. Doch jeder von uns Kindern hat eine Stange Lakritz bekommen. Und eine Tüte Bonbons hat meine Mutter auch gekauft, aber die bekommen wir nur so nach und nach als Belohnung, wenn wir brav sind.

Aber an große Geschenke war bei unserem Stadtausflug nicht zu denken. Die Ernte war schlecht und so bleibt nichts übrig. Wahrscheinlich gibt es zu Weihnachten wieder die gestrickten Wollsocken. Und ich brauche dringend neue Holzschuhe. Meistens laufe ich ja barfuß, aber wenn es kälter wird, freue ich mich schon auf ein Paar Schue.

Was bei uns ganz toll ist, ist, dass wir überall spielen können. In der Stadt gibt es so komische umzäunte Plätze, das nennen sie "Spielplatz", als ob man da spielen und toben könnte. Wir haben den Fluss und den kleinen Bach nebenan. Wir baden im Sommer im See und fangen Kaulquappen und Frösche. Oder wir klauen das Obst von unserem Nachbarn. Manchmal gibt es auch Ärger, aber Mama ist auf die Dauer nie böse. Nur Papa kann ganz schön streng sein. Dann gibt es auch mal was mit dem Gürtel, sodass ich ein oder zwei Tage nicht mehr sitzen kann. Glücklicherweise kommt das selten vor. Zumindest zu Hause. In der Schule dann schön öfters. Unser Lehrer ist sehr streng. Wer zu spät kommt, muss mit Schlägen rechnen, wer zu laut ist, ebenfalls. Bei den Mädchen ist er nicht so streng wie bei den Jungs. Viele Eltern sind aber froh, wenn der Lehrer uns erzieht, denn die meisten haben überhaupt keine Zeit für ihre Kinder, weil sie soviel arbeiten müssen.

Jetzt freue ich mich schon auf den Winter, denn dann beginnt die Rodelzeit. Ich habe letztes Jahr zu Weihnachten einen Schlitten bekommen, den hatte mein Vater selbst gebaut. Sich im Schnee wälzen, Schneemänner bauen und Schneebälle werfen, das macht mir am meisten Spaß. Wenn der See zugefroren ist, dann laufen wir auch Schlittschuh. Neue Schlittschuhe können wir uns zwar nicht leisten, aber ein paar alte von Tante Grete hat meine Mutter passend gemacht. Meine Füße wachsen ja auch noch, da dürfen die Schuhe ruhig ein bisschen größer sein, meint meine Mutter. Wenn wir dann nach dem Toben nach Hause kommen, warten mit Glück Bratäpfel im Backofen, das riecht dann sehr lecker und nicht nur das, es schmeckt uns natürlich auch.  

Ich mag den Winter, dann müssen wir nicht aufs Feld. Blöd ist nur, wenn wir aufs Klo müssen. Das Klo ist ein schiefes Häuschen, das einige Meter entfernt von unseren Haus steht. In die Tür hat Papa ein Herz geschnitzt. Es stinkt zwar nicht so schlimm im Winter wie im Sommer, aber wenn man aufs Klo muss, ist es schrecklich kalt und manchmal habe ich gar keine Lust dazu. In der Nacht dürften wir einen Nachttopf verwenden, aber fürs große Geschäft müssen wir auf das Klo gehen, sagt meine Mutter.