Theaterkritiker - wer war Alfred Kerr?

Alfred Kerr - ein berühmter Theaterkritiker

Bedeutenden Einfluss auf das Publikum nahmen auch die Theaterkritiker, die die Aufführungen beurteilten und in Zeitungen darüber berichteten.

Dabei wollten sie weniger die Zeitungsleser über die neuen Stücke informieren als vielmehr Einfluss nehmen auf das Theater und die Theaterschaffenden, also auf die Regisseure und die Schauspieler. So sprach sich jeder Kritiker für andere von ihm bevorzugte Dramatiker aus.
 

Die Kritiker

Zum Teil erlangten die Theaterkritiker selbst Berühmtheit. In der Zeit der Weimarer Republik waren es vor allem Alfred Kerr, Siegfried Jacobsohn und Herbert Ihering, auf deren Beurteilungen man gespannt wartete. So hatten diese durchaus Einfluss darauf, ob ein Stück nach seiner Premiere ein Erfolg oder Misserfolg wurde.

Ihr Erscheinen im Theater war dementsprechend durchaus gefürchtet… Da die Zeitungen in der Weimarer Republik hohe Auflagen erzielten, beeinflussten die darin erscheinenden Kritiken natürlich auch viele Theatergänger.
 

Alfred Kerr

Alfred Kerr schrieb von 1919 bis 1933 für das Berliner Tageblatt und die Frankfurter Zeitung. Beide Zeitungen erschienen in hoher Auflage und waren liberal-demokratisch ausgerichtet. Somit zogen sie in der Weimarer Republik den Unmut nationalistischer Kreise auf sich.

Durch Kerr wurde die Theaterkritik zu einer eigenen Kunstform. Er schrieb in einem ironischen und saloppen Stil, in dem er sich der gesprochenen Sprache annäherte. Er formulierte knapp und prägnant, zuweilen auch aggressiv und verletzend.

Brechts Stücke wurden von ihm scharf kritisiert und er nannte Brecht sogar einen "Ragoutkoch", während er Erwin Piscators Inszenierungen lobte und auf Ernst Toller als Autor setzte. Er förderte vor dem Krieg das naturalistische Theater und insbesondere Gerhard Hauptmann, dann das expressionistische Theater.

Er schrieb aber nicht nur über das Theater, sondern wetterte auch gegen die wilhelminische Engstirnigkeit im Kaiserreich oder kritisierte den Militarismus. Kerr war Jude und floh 1933 vor den Nazis über Lugano, Zürich und Paris nach London.
 

Die Gegenspieler: Siegfried Jacobsohn und Herbert Ihering

Auch Siegfried Jacobsohn und Herbert Ihering waren Theaterkritiker. Beide galten als Gegenspieler von Alfred Kerr. Sie lieferten sich wilde Wortgefechte in den Zeitungen.

Jacobsohn gründete 1905 "Die Schaubühne", die sich später von einer reinen Theaterzeitschrift zu einem politischen Blatt wandelte und ab 1918 die "Weltbühne" hieß. Daneben schrieb er für viele weitere Blätter wie die Frankfurter Nachrichten, das Prager Tagblatt oder die Bremer Weser-Zeitung. Jacobsohn war ein Verfechter der Arbeit Max Reinhardts.

Herbert Ihering arbeitete ab 1909 für "Die Schaubühne", ab 1918 für den Berliner Börsen-Courier. Ihering sprach sich nach der Uraufführung von "Trommeln in der Nacht" für Brecht aus – was schon daher Kerr zu Widerspruch reizte. Beide verstanden sich auch als persönliche Rivalen.


Blick voraus

1936 wurde die gesamte Theaterkritik von Joseph Goebbels verboten.